Insolvenz als Chance

Selten wird eine Insolvenz als unternehmerische Chance gesehen, eher das Gegenteil ist der Fall. Es ist klar, dass das Jahr 2021 große wirtschaftliche Umwälzungen mit sich bringen wird. Sobald Insolvenzen wieder “zugelassen” werden von den Staaten Europas, wird die Krise ihren Lauf nehmen. Viele Unternehmen werden davon betroffen sein. Dieser Artikel nimmt eine etwas andere Perspektive auf das Thema „Insolvenz“ ein und möchte die Chancen in solch einer Situation herausarbeiten.

Insolvenz bedeutet kein Scheitern

Alles beginnt mit der Einstellung zu Vorkommnissen. Wer glaubt, dass die Welt zusammenbricht, weil ein Insolvenzantrag gestellt werden muss, wird wohl kaum das Positive an der Situation sehen. Doch genau darum geht es: Betroffene Unternehmen sollten die Chancen erkennen, die mit solch einer Situation einhergehen. Jedem Unternehmen kann es passieren, in eine wirtschaftliche Schieflage zu geraten, in den nächsten Monaten und Jahren wird dies vielleicht sogar noch mehr Unternehmen zustoßen. Wichtig ist es, nicht den Chancenblick zu verlieren, den auch diese Krisensituation zweifelsohne bietet.

Um als Unternehmer von einem Insolvenzverfahren im Idealfall profitieren zu können, muss sich erstens das eigene Mindset ändern und zweitens muss Wissen angesammelt werden, wie man optimal in solchen Fällen vorgeht, um das Maximum für den eigenen Betrieb herauszuholen.

Wie läuft eine Insolvenz eigentlich ab?

Es herrscht der Mythos vor, dass ein Insolvenzverfahren gleichbedeutend mit dem Scheitern des Unternehmens ist. Dies ist aber nur teilweise richtig. Wenn man den Chancenblick anwendet, dann ist an diesem Punkt eine Neuausrichtung und eine Neustrukturierung des Unternehmens möglich.

Innerhalb der ersten drei Monate, nach einer Insolvenzanmeldung, wird ein Verwalter bestellt, der die Aufgabe hat, die Lage für die Gläubiger einzuschätzen und die unternehmerische Situation zu analysieren. Das oberste Ziel dabei ist die Gläubigergleichbehandlung. Kein Gläubiger soll bevorzugt werden. Da eine vernünftige Lösung für alle Parteien gesucht wird, ist eine Zerschlagung des Unternehmens in den seltensten Fällen zielführend. Es sollen alternative Modelle und Wege gefunden werden, damit das Unternehmen einen Neustart durchführen kann. Dies würde einen geringen Schaden für alle Beteiligten bedeuten.

Proaktiv handeln bringt Vorteile

Es hat enorme Vorteile, wenn Unternehmen selbst den Insolvenzantrag stellen, sobald sie merken, dass die Liquidität in den kommenden Monaten nicht mehr reicht. Dann kann nämlich ein Antrag auf Selbstverwaltung gestellt werden. Voraussetzung ist, dass ein schlüssiges Konzept für die Weiterführung vorgelegt wird und das operative Geschäft im Grunde funktioniert. Unternehmen kommen immer dann in eine solche Situation, wenn beispielsweise der Hauptauftraggeber selbst insolvent wird, das eigene Geschäftsmodell jedoch prinzipiell funktioniert. Bei einer Selbstverwaltung bleibt die Geschäftsführung in den Händen der Unternehmen. Der eingeschaltete Sachwalter hat dann nur mehr eine Überwachungsfunktion, damit die Statuten der Insolvenz eingehalten werden.

Drei Monate für die Neustrukturierung

Die ersten drei Monate nach der Insolvenzeinreichung stellen eine Spezialsituation, mit speziellen Bedingungen, aber auch Chancen, dar. In dieser Zeit verschafft sich der Sachwalter einen Überblick, um die unternehmerische Lage zu sondieren. In dieser Zeit wird das sogenannte Insolvenzgeld gezahlt. Damit kann man die eigenen Mitarbeiter bezahlen und dies sorgt automatisch für ein Mehr an Liquidität in diesen drei Monaten. Weiters können in dieser Zeit bestehende Verträge gekündigt werden, die nicht mehr wirtschaftlich tragbar sind. Auf diese Weise sorgen Unternehmen für mehr Flexibilität und können sich nach neuen Anbietern oder Geschäftspartnern umsehen, um noch konkurrenzfähiger zu werden.

Der Insolvenzplan wird ebenfalls in dieser Zeit entworfen und den Gläubigern vorgelegt. Diese müssen dem Plan zustimmen, damit das Geschäft fortgesetzt werden kann.

Insgesamt stellen diese drei Monate also tatsächlich eine hervorragende Chance dar, neue Standpunkte und neue Werkzeuge zum Einsatz zu bringen, um unternehmerisch wieder durchzustarten.

Für welche Unternehmen sich diese Form der Insolvenz eignet

In jeder Branche kann es zu sehr herausfordernden Situationen kommen, durch die die eigene Zahlungsfähigkeit schnell strapaziert wird. Ein Insolvenzantrag ist für Unternehmen interessant, die sich “gesundschrumpfen” und unnötigen Ballast abwerfen müssen. Doch auch externe Schocks, wie die derzeitige Pandemie, können dafür sorgen, dass ein bis dato gut gelaufenes Geschäftsmodell, plötzlich unter Druck gerät. Daher muss überprüft werden, ob dieses Geschäftsmodell auch noch in Zukunft gewinnbringend am Markt bestehen kann und in welcher Form dies geschehen soll.

Natürlich kann auch präventiv, beispielsweise durch die Implementierung eines professionellen Forderungsmanagements, aktiv dafür gesorgt werden, nicht in Liquiditätsengpässe zu schlittern. Nicht immer wird dies erfolgreich sein, denn vor Extremsituationen ist niemand gefeit.

Ausblick

Die Chancen einer Insolvenz müssen verstärkt in den Fokus von Unternehmern gelangen. Das bedeutet nicht, dass ein solcher Fall anzustreben ist, doch ein Weltuntergang ist ein Insolvenzantrag eben auch nicht.

Mit strategisch klugem Vorgehen kann sogar die Grundlage dazu geschaffen werden, nie wieder in einer solchen Situation zu landen.

Autoreninfo

Milan Milic aus der Schweiz ist ein Experte im Bereich des digitalen Forderungsmanagements. Mit seinen mehr als 20 Jahren Erfahrung als Unternehmer, revolutioniert er die Forderungsmanagementbranche durch seine eigene, neuartige und innovative Inkasso-Software.