Die Corona-Pandemie überschattet das Erfolgsjahr 2019. Erstmalig knackten Fairtrade-Umsätze die 2 Milliarden Euro Marke. Und auch während der Corona-Krise bleibt die Nachfrage nach fairen Lebensmitteln wie Kaffee, Bananen oder Kakao stabil. Aber: „Die Pandemie demaskiert soziale und wirtschaftliche Ungleichheit“, sagte Dieter Overath, Vorstandsvorsitzender von TransFair e.V. (Fairtrade Deutschland). „In den Anbauländern der Fairtrade-Produkte sind Gesundheitsversorgung und Wirtschaft fragil. Umso wichtiger ist es, dass der Weg aus der Krise verantwortungsvoll und nachhaltig vonstatten geht und nicht an nationalen Grenzen endet.“

Marktentwicklung von Fairtrade-Produkten in Deutschland

2,04 Milliarden Euro gaben Verbraucher im letzten Jahr für faire Produkte aus, das entspricht 25 Euro pro Kopf und einem Wachstum von 26 Prozent. Die Verkaufsmengen legten entsprechend kräftig zu: beispielsweise bei Bananen, um 41 Prozent auf 130.000 Tonnen. Hier gab vor allem die zusätzliche Einlistung von Fairtrade-Bananen ohne Bio-Siegel bei Lidl den Ausschlag. Der Marktanteil liegt bei 20 Prozent. Auch Kaffee kam häufiger fair in die Tasse: Mit einem Wachstum von 12 Prozent auf 23.000 Tonnen klettert der Marktanteil auf rund 5 Prozent.

In immer mehr Schokoladenwaren steckt fairer Kakao: 79.000 Tonnen wurden 2019 eingesetzt, 45 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit hat fairer Kakao einen Marktanteil von 17 Prozent. Gut eine halbe Milliarde faire Rosen wurde verkauft, ein Plus von 19 Prozent. Der Marktanteil liegt bei 30 Prozent.
Durch den heißen Sommer wurde etwas weniger Tee getrunken (-6 Prozent, 359 Tonnen). Positiv dagegen entwickelten sich Honig (+12 Prozent auf 1.500 Tonnen) und Reis (+40 Prozent, 1.170 Tonnen); letzterer vor allem durch die Einlistung von Reisprodukten von Davert bei der Drogeriekette dm.
Steigende Nachfrage nach Berufsbekleidung und Baumwolltaschen, begünstigt durch das Plastiktütenverbot, führten zu einem Absatzplus von Textilien mit Fairtrade-Baumwolle von 59 Prozent auf 22,2 Mio. Stück.

Fairtrade-Prämie fließt in Maßnahmen gegen das Virus

Produzentenorganisationen im globalen Süden erhalten für Fairtrade-Verkäufe stabile Mindestpreise als Sicherheitsnetz gegen schwankende Weltmarkpreise und einen zusätzlichen Aufschlag, die Fairtrade-Prämie. Durch Verkäufe für den hiesigen Markt belief sich allein die Prämie auf 38 Millionen Euro. „Gerade jetzt ist die Prämie wichtig, weil sie oft die einzige Rücklage ist, die Produzenten haben. Wir sehen vorbildliche Maßnahmen wie Aufklärungs¬kampagnen und die Anschaffung von Hygienemitteln, aber auch, dass damit Einkommenseinbußen kompensiert werden“, erläuterte Mary Kinyua, Vorsitzende des Produzentennetzwerks Fairtrade Africa. „Neben der Angst um die Gesundheit sind die wirtschaftlichen Folgen dramatisch: Auf Blumenfarmen wurden im März tausende Beschäftigte entlassen. Bei Rohstoffen, für die die Ernte noch aussteht, fehlen Erntehelfer. Wo die Ernte eingeholt ist, ist die Logistik unsere Sorge. Mobilitätseinschränkungen machen den Transport zum Hafen schwieriger und teurer. Wir hoffen, dass die Häfen offen bleiben.“

Wirtschaftlicher Wiederaufbau nicht auf Kosten der Ärmsten

„Die Auswirkungen der Corona-Krise sind am Anfang der Lieferketten besonders dramatisch. Umso wichtiger, dass sich die auftraggebenden Unternehmen in diesen Ländern endlich an menschenrechtliche Standards halten“, betonte Johanna Kusch, Koordinatorin der Initiative Lieferkettegesetz. Die Preise von Rohstoffen und landwirtschaftlichen Produkten schwanken extrem. In der Textilbranche haben Zulieferer in Südostasien mit stornierten Lieferaufträgen zu kämpfen, Fabriken schließen und Menschen bleiben ohne jegliche Absicherung zurück. „Viele Unternehmen arbeiten jetzt an krisensicheren Lieferketten und einem besseren Risikomanagement. Dafür ist zentral, dass sie auch Menschenrechte und Umweltschutz in den Blick nehmen. Das wird nur funktionieren, wenn die Bundesregierung mit einem Lieferkettengesetz alle Unternehmen dazu verpflichtet.“

Thilo Hoppe, für Brot für die Welt Aufsichtsratsmitglied von TransFair ergänzte: „Wenn wir von systemrelevanten Berufen sprechen, gehören dazu Bauern weltweit genauso wie Arbeiterinnen in Textilfabriken, auf Blumen- und Teeplantagen. Entwicklungsminister Müller sagte völlig zurecht, dass die Corona-Pandemie ein Weckruf für stärkere internationale Zusammenarbeit ist. Wir müssen dringend einen verantwortungsvollen Weg aus der Krise finden, der als Blaupause dient für künftige globale Herausforderungen wie die Klimakrise!“

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