Was Hände bauen, können Hände stürzen. Das wusste schon Friedrich Schiller. Im Management hat das im Zuge digitaler Technik und modernster Medien einen völlig neuen Stellenwert bekommen. Denn dank Phänomenen wie YouTube schauen wir den Menschen zu – unabhängig von Ort und Zeit. Und wir sehen ihnen nicht nur ins Gesicht, sondern auch auf die Hände. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Körpersprache – und die entscheidet bekanntlich über den eigentlichen Erfolg. Dynamisches Fuchteln, große Gesten oder betörende Ruhe? Worauf also sollten Chefs beim Umgang mit ihren Händen achten?

Das Internet hat es möglich gemacht, dass wir jeden ständig auch sehen können. Nicht mehr nur im persönlichen Kontakt, sondern eben auch weltweit. Wir lesen nicht mehr nur Texte, sondern sehen uns Film-Clips von Parlamentsdebatten, Pressekonferenzen, Statements an. Das passiert manchmal sogar ohne Ton und nur mit den Untertiteln. Körpersprache hatte schon immer eine zentrale Bedeutung, wenn wir unsere Meinung über eine andere Person bilden. Doch jetzt hat sie nochmals einen Schub bekommen. Denn beim Bewegtbild setzt der Kopf bereits nach zwei Sekunden die Glaubwürdigkeitsmarke.

Da kommt Boris Johnsons Schauspielausbildung eine besondere Bedeutung zu, da wirken die eingeübten Gesten eines Sebastian Kurz schon fast etwas gespenstig. Tausende Menschen, die gar nicht persönlich vor Ort sind, machen sich über Video- und Pressekanäle ein Bild. Nach fünf Sekunden YouTube-Einblick ist für viele schon klar, wer das Vertrauen genießt und wer nicht oder wer zuerst inhaltlich in mühsamer Kleinarbeit noch das Gegenteil beweisen muss.

Personality-Show must go on

Was Politiker schon seit Jahren trainieren und mehr oder weniger geschickt zelebrieren und umsetzen, greift auch in die Managementetage. ,,Dem Unternehmen ein Gesicht geben’’ sind Anforderungen an moderne CEO’s. Die Personality-Show must go on, Rossmann ist Rossmann, Zetsche war jahrelang Mercedes, Grübel der Inbegriff der UBS und Steve Jobs, Balmer und Elon Musk haben es ebenfalls vorgemacht. Das betrifft nicht nur Größen wie Uli Hoeneß als Frontmann des FC Bayern München oder berühmte Unternehmen wie Tesla. Auch im lokalen Wirkungsfeld hat das Thema Einzug gehalten. ,,Ich geh zum Hufnagl’’ heisst übersetzt: Ich geh in die REWE-Filiale in meinem Dorf. Das alles ist nicht neu, aber wichtiger denn je.

Wer sich einmal durch gängige Pressevideos arbeitet oder CEO’s bei Pressekonferenzen beobachtet, entdeckt viele, versteckten Botschaften. Spannender Einblick bietet die Betrachtung der Hände. Dass Angela Merkels Raute zur Eigenmarke avancierte, ist das eine. Hände am richtigen Ort zu haben, ist eine der wichtigeren Anforderungen. Echte Profis haben für solche Momente Werkzeuge an der Hand. Mit denen wirken sie auch in Ausnahmesituationen souverän. Es ist nämlich gar nicht so schwer, Sicherheit und Kompetenz zu vermitteln – wenn man weiß wie.

Manager zeigen sich oft gerne tatkräftig. Hinter dem Rednerpult stecken sie mit den Händen klare Rahmen ab: ,,Bis hierhin und nicht weiter’’, kann eine Aussage sein oder auch ,,DAS ist unser Gebiet, wo wir stark sind.’’ In spektakulären Aktionen wie beispielsweise dort, wo drängelnde Menschen beruhigt werden sollen, sind starke, klare Gesten absolut zentral. Menschen brauchen in der Situation eine Orientierung. Professionalität heißt hier: sich dazu oder noch besser: vorne hinstellen, nicht sofort zu sprechen beginnen. Zuerst müssen die Emotionen beruhigt werden, es gilt zu zeigen, dass die Geschäftsführung die Sache unter Kontrolle hat. Deswegen wird zuerst eine bedeutsame Gestik eingesetzt und kann wirken: Wie von Geisterhand gelenkt wird die Menge ruhiger und starrt gebannt zu. Die Geste, die man oft auch ,,palm down’’ nennt, sollte tatsächlich gezielt eingesetzt werden. Dabei werden die Handflächen Richtung Boden gedreht und mit kleinen, sanften Wippbewegungen verstärkt.

Handbewegung verstärkt Souveränität

Dieses Signal wirkt beruhigend und verleiht dem Handelnden ein enormes Maß an Sicherheit. Das gilt übrigens kulturunabhängig. Egal wo auf der Welt und egal welche Sprache gesprochen wird, diese Handbewegung verstärkt ein souveränes Auftreten. Sie erinnert an eine Geste der Behütung, es wird gewissermaßen Schutz vermittelt. Übrigens funktioniert sie auch mit nur einer Hand, was zwar die Wirkung mindert, doch im kleineren Kreis genutzt wird, um Souveränität zu demonstrieren. In einer sitzenden Situation, wie zum Beispiel im Meeting, legt man einfach die Fingerspitzen sanft auf den Tisch. Die Botschaft: ,,Somit sind wir uns in dieser Sache also einig.’’

Ich mach mir zum Sport, Firmenvideos anzusehen. Da verlässt filmisch mit einem Hauch Dramaturgie der CEO sein Gebäude, bleibt auf dem Vorplatz stehen und begrüsst die Zuschauer. Dabei hält er die Hände zusammen, eine Mischung zwischen Gebetshaltung und Indiana-Jones-Verschnitt, der sich die Finger ausreißen möchte. Ein anderer Manager in einem anderen Film lässt die Hände einfach fallen, was im Grunde natürlich wäre. Aber betont hängen lassen, wirkt nicht lässig, sondern steif. Ein gutes Vorbild wäre jetzt Daniel Craig, der in seiner Rolle als Geheimagent seine Hände gespannt entspannt halten kann und doch bereit, innerhalb einer halben Sekunde seine Walther PPK zu zücken.

Mein Tipp: Hände sein lassen, sich keine Gedanken machen – übrigens auch nicht darüber, dass ich mir als Manager keine Gedanken machen soll. Verinnerlichen Sie eine gespannte und aufmerksame Haltung. Wer innerlich freudig-gespannt ist, strahlt das auch mit den Händen aus. Denn egal von welchen Gesten wir reden: Sie funktionieren nur, wenn sie dem entsprechen, was man sich im aktuellen Moment gerade vorstellt und wo die Gedanken sind. Geste mit den Händen einzuüben ist möglich und machbar, doch das braucht wirklich viel Übung, um authentisch zu wirken. Und selbst dann muss die Handhaltung zwingend mit dem Inneren korrespondieren, sonst wirkt es gezwungen.

Über den Autor

Stefan Häseli ist Kommunikationstrainer, Keynote-Speaker, Moderator und Autor mehrerer Bücher. Er betreibt ein Trainingsunternehmen in der Schweiz. Der Kommunikationsexperte begleitet seit Jahren zahlreiche Unternehmen bis in die höchsten Vorstände von multinationalen Konzernen. Er doziert an Universitäten und Fachhochschulen im Themenfeld Kommunikation. Als Experte nimmt er im Radio und TV-Stationen immer dann Stellung, wenn Kommunikation irgendwo auf der Welt gerade eine entscheidende Rolle spiel, wie beispielsweise die ersten Wochen „Donald Trump“ oder der Blick auf das Kommunikationsverhalten von Greta Thunberg.

Die Kommunikation in ihren unterschiedlichen Welten und die Details in der Sprache faszinieren ihn und prägt seinen beruflichen Werdegang. Er begeistert in seinen Fachartikel und Kolumnen mit feinsinnigem Humor. In seinen Vorträgen und Seminaren vermittelt er Wissen kurzweilig und gespickt mit Beispielen aus der Praxis sowie amüsanten Anekdoten – stets mit einem liebevollen Augenzwinkern. Sein neuestes Buch „„Best Practice Leadershit – Absurde Wahrheiten aus den Chefetagen“ beleuchtet so manche Absurdität aus den Chefetagen auf satirische Weise. Als ausgebildeter Schauspieler mit jahrelanger Bühnenerfahrung schreibt er ganze Abendprogramme selbst. Dazu kommen Engagements in Kino-Filmen, TV-Serien, TV-Werbespots und Schulungsfilmen.

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