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Suzanne Grieger-Langer: So legen Sie Manipulatueren im Job das Handwerk

Diese Situation dürfte jeder schon einmal erlebt haben: Man hat einen Kollegen im Job mal um einen kleinen Gefallen gebeten – und schon bekommt man diese Hilfe immer wieder aufs Brot geschmiert, wenn es etwa darum geht, eine Gegenleistung zu erbringen – vielleicht in Form von unliebsamen Arbeiten oder Extraschichten. Trotz allen Einsatzes fühlt man sich anschließend weiterhin schuldig, denn der einst so hilfsbereite Kollege wird nicht müde, immer wieder zu betonen, wie großartig und rühmlich seine Hilfestelltun damals war. Das nächste Mal, wenn Sie sich deshalb schuldig fühlen, atmen Sie zunächst einmal tief durch. Gehen Sie in sich und fragen Sie sich ganz konkret, ob Sie tatsächlich bei jemandem in der Schuld stehen. Es kann nämlich ebenso gut sein, dass sie schlicht und einfach manipuliert wurden. In diesem Fall handelt es sich nicht um eine wirkliche Schuld, sondern vielmehr um ein Schuldgefühl – also bloß den Anschein von Schuld.

Schuld ist ein vielschichtiges Thema, das viele Segmente umfasst: ethische, soziale, rechtliche und psychologische. Gleichzeitig ist Schuld ein anthropologisches Phänomen, das Menschen in allen Kulturen immer wieder begegnet. Schuld und Schuldgefühle sind etwas Alltägliches und etwas zutiefst Menschliches zugleich. Das Gefühl, bei einem Kollegen in der Kreide zu stehen, ist vor allem eines: nämlich unangenehm. Schließlich fühlt sich eine unerledigte Bringschuld auch immer wie eine Abhängigkeit an, bis man sich endlich mit einem oder mehreren Gefallen davon befreit hat. Eben dieses Gefühlsphänomen machen sich Trickser m Job zunutze. Sie wollen uns weismachen, wir hätten – mindestens moralisch – gar keine andere Wahl, als immer neue Forderungen zu erfüllen.

Menschen, die ihre Hilfe nur deshalb anbieten, um anschließend Gegenleistungen u erhalten, die in keiner Relation mehr zum ursprünglichen Entgegenkommen stehen, nennt man Manipulateure. Manipulateure gibt es nicht nur im privaten Umfeld, sondern eben auch im beruflichen – und zwar sowohl im Kollegenkreis als auch in der Chefetage. Das Motiv dieser Trickser ist so einfach wie perfide: Sie setzen auf die Schuld-Taktik, um die unterschiedlichsten Dinge einzufordern – etwa, wenn es darum geht, unliebsame Aufgaben abzugeben oder etwaige Extraschichten zu vermeiden.

In der Regel halten Trickser ihren Opfern eine Hilfsaktion aus der Vergangenheit vor, in der sie sich als Retter hervorgetan haben. Vielleicht haben sie mal – vermeintlich großzügig – jemandem beim Erledigen eines Jobs geholfen, damit alles fristgerecht fertig wird, oder einen Dienst mit einem Kollegen getauscht, der dringend Ersatz suchte. Genau in diesem Moment, so wird der Trickser anschließend nicht müde zu betonen, sei die Schuld entstanden, in der man nun stehe. Etwaige Zweifel daran tut er mit großem Nachdruck und lauter Kritik ab. Wer sich auf ein Machtspiel wie dieses einlässt, wird schneller, als ihm vielleicht lieb ist, feststellen, dass er ausgenommen wird wie die sprichwörtliche Weihnachtsgans.

Der ursprüngliche Gefallen, um den man seinen Kollegen dereinst gebeten hatte, wird damit zu einem Schuldschein, der Monate oder sogar Jahre lang immer wieder moralisch mahnend hervorgeholt wird, wenn etwas nicht so läuft, wie es sich der Blender wünscht. Profiler wissen: Bei solchen Schuldscheinen handelt es sich um eben das, was es wortwörtlich meint: den Schein von Schuld. Dies aber muss man erst einmal durchschauen, denn die Blender verstehen es vorzüglich, den Anschein zu erwecken, es gäbe tatsächliche eine Schuld. Wer Opfer eines derartigen Manövers wird, hat sich in Wahrheit ein X für ein U vormachen und sich emotional erpressen lassen.

Damit sich ein Trickser möglichst lange auf seiner Masche ausruhen kann, sammelt er nicht selten eine ganze Menge Hilfsaktionen, die er dann als Hilfs-Schuldscheine einsetzt, um seine Forderungen mit – seiner Meinung nach – Fug und Recht durchzudrücken. Außerdem gibt es die scheinbaren Opfer-Schuldscheine, bei denen der Blender auf die Tränendrüse drückt, um seine Kollegen dazu zu bewegen, seine Arbeit mitzumachen, weil es ihm so furchtbar schlecht geht oder er enorme private Belastungen hat – oder, oder, oder. Auf welche Form auch immer der Trickser in Ihrem Kollegenkreis setzt: Es sind immer alte Kamellen, die wieder und wieder hervorgeholt werden, um unverschämte – und typischerweise vollkommen ungerechtfertigte – Bitten an seine Beute zu stellen.

Die meisten Trickser sammeln nur einige wenige emotionale Schuldscheine, um sich mit einem relativ kleinen Gegenwert zufrieden zu geben: Sie haben etwa ausgerechnet dann schlimme Bauchschmerzen, wenn sie gebeten werden, eine Zusatzaufgabe zu übernehmen. Doch es gibt auch Nimmersatte, die um höhere Einsätze spielen. Diese Manipulateure plustern ihre Schuldscheine groß auf und sind sich auch nicht zu schade, Schuldscheine zu fälschen oder gleich gänzlich zu erfinden. Die betrügen ihre Kollegen, Chefs und Mitarbeiter ganz ungeniert, weil sie in ihren eigenen Augen so viel e Pluspunkte auf ihrem Leistungskonto haben, dass sie sich vollkommen berechtigt fühlen, um Arbeitszeit zu betrügen oder ganze Rufmordkampagnen anzuzetteln. Nicht selten werden solche Exzesse auch lautstark begründet: „Ich habe das lange genug ertragen!“, „Nun reicht es aber“ oder „Nun habe ich aber die Nase voll!“. All das sind typische Aussagen, die die Opfer vorab zu hören bekommen. Übersetzt meint der Trickser, er könne nun an der großen Losbude des Lebens endlich seinen Preis abholen – selbst, wenn sein Schuldschein nur auf Lügen basiert. In der Regel ist der Tropfen, der das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen gebracht hat, eine Kleinigkeit gegen das, was der Trickser dafür fordert.

Was können Opfer tun, um Kollegen, die sich immer wieder auf eine vermeintliche in der Vergangenheit angehäufte Schuld berufen, das perfide Handwerk zu legen?

  1. Abstand:Bevor man überhaupt irgendetwas tut, sollte man auf Abstand zum Blender gehen – raus aus der Manipulationsblase und zurück zu sich selbst.
  2. Aufrechnung:Im nächsten Schritt sollte man unbedingt prüfen, ob man sich tatsächlich verschuldet hat oder nicht. Es ist nicht selten so, dass der „Punktestand“ sogar zu den eigenen Gunsten ausfällt. Ein neutraler Blick ist unabdingbar, um die Situation so einzuschätzen, wie sie wirklich ist.
  3. Abgrenzung:Generell ist es absolut notwendig, sich dem Trickser gegenüber abzugrenzen und nachdrücklich klarzustellen, dass der sprichwörtliche Drops längst gelutscht ist. Im Prinzip reichen vier Buchstaben: Nämlich ein klares NEIN. Wer hier keine deutlichen Worte findet, sollte sich nicht wundern, wenn er auf immer und ewig Spielball des Tricksers in dessen Machtspiel bleibt.
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