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Der Poker beginnt

Sandro Schmidt

zu den Wahlen in Israel

Israel hat gewählt. Bereits das zweite Mal innerhalb eines halben Jahres. Und herausgekommen ist: zunächst einmal Stillstand. Die beiden politischen Lager, die Rechtsnationalisten um Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und das Mitte-Links-Bündnis Blau-Weiß um Herausforderer Benny Gantz, werden es schwer haben, in der Knesset eine regierungstaugliche Mehrheit zu organisieren. Es droht wieder das Patt vom April, welches die Neuwahl nötig gemacht hat. Die Nation ist gespalten und die traditionell zersplitterte Parteienlandschaft macht es nicht leichter, eine Koalition zu schmieden. Einschneidend könnte das Ergebnis allerdings für den bisherigen Ministerpräsidenten Netanjahu werden, der zuletzt im Wahlkampf mit noch radikaleren Versprechen auf Kosten der Palästinenser als ohnehin schon gewohnt versucht hatte, seine Anhänger zu mobilisieren. Jeder in Israel wusste, dass für ihn die Alternative lautet: Ministerpräsident oder Anklagebank wegen der Korruptionsvorwürfe. Verliert er seine Immunität, landet er unweigerlich vor Gericht. Sowohl Gantz als auch der ehemalige Verteidigungsminister Avigdor Lieberman, dessen Partei der russischen Einwanderer nun das Zünglein an der Waage spielt, streben eine gemeinsame große Koalition mit der Likud-Partei Netanjahus unter Ausschluss des bisherigen Regierungschefs und der einflussreichen religiösen Parteien des Landes an. Das ist nach jetzigem Auszählungsstand die einzig realistische Alternative zu den dritten Wahlen innerhalb eines Jahres – und nach zehn Jahren rüdem nationalistischem Agieren Netanjahus ein politischer Kulturbruch. Lässt Likud aus Gründen des Machterhalts seinen Frontmann fallen? Der Nervenpoker beginnt. Für Netanjahu geht es dabei um alles oder nichts.

Köln (ots)

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