Die dreitägige MEDIA CONVENTION Berlin (MCB) und die re:publica sind am Mittwochabend mit insgesamt 25.000 Besucher*innen an drei Tagen zu Ende gegangen. In 63 Sessions mit 216 Speaker*innen widmete sich die sechste MCB mit dem Thema „Playing for Keeps: Jetzt wird’s ernst!“ den enormen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt. Die MEDIA CONVENTION Berlin (MCB) wird vom Medienboard Berlin-Brandenburg (MBB) und der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) veranstaltet und fand in diesem Jahr erneut in Kooperation mit der re:publica in der STATION Berlin statt. Anja Zimmer, Direktorin der mabb und der Helge Jürgens, Geschäftsführer der MBB, freuten sich über ein vielfältiges Programm, renommierte Speaker*innen und zukunftsweisende Themen.
„Wir ziehen Bilanz einer erfolgreichen MEDIA CONVENTION 2019! Wir alle müssen mit der sich rasant verändernden digitalen Medienlandschaft umgehen und wenn möglich diese Veränderung aktiv mitgestalten. Alle Lebensbereiche sind längst digital beeinflusst. Die Entwicklungszyklen der Vergangenheit sind für die Zukunft und die Geschwindigkeit des Wandels kein Maßstab mehr. Die Medienbranche ist im Umbruch und mit ihr auch die Gesellschaft. Wir freuen uns, mit der MCB 2019 zum Diskurs um eine bestmögliche digitale Zukunft beigetragen zu haben“, sagte Helge Jürgens. „Wir dürfen die Nutzer*innen nicht mit den Herausforderungen der Digitalisierung alleine lassen. Medienvielfalt zu sichern, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Eines unserer Ziele war es, im Rahmen der MCB deutlich zu machen, wie wichtig zeitgemäße Regulierung für unsere Gesellschaft ist. Um Meinungsvielfalt zu sichern, braucht es klare Spielregeln, die dann auch durchgesetzt werden. Genauso wichtig ist Förderung, insbesondere von Lokaljournalismus und von Medienbildung. Wer kompetent und selbstbestimmt mit Medien umgehen kann, kann die Digitalisierung als Chance nutzen. Ich freue mich, dass wir über all diese Themen auf der MCB diskutiert haben. Nur gemeinsam können wir Ideen entwickeln, wie eine vielfältige Medienzukunft gesichert werden kann“, ergänzte Anja Zimmer.
Eröffnet wurden die #MCB19 und die #rp19 durch ein Grußwort des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, der betonte, dass es in diesen Zeiten „nicht um die Digitalisierung von Demokratie“ gehen dürfe, sondern „um die Demokratisierung des Digitalen.“ Der Regierende Bürgermeister von Berlin Michael Müller und Malu Dreyer, Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz und Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, waren sich zur Eröffnung der MCB19 auf Bühne 7 einig: Es braucht Mut. Michael Müller betonte in seinem Grußwort, dass sich Politik für Medienkompetenz und -vielfalt stark machen muss. Malu Dreyer fragte, wie wir eine digitale Gesellschaft gestalten wollen.
Anlässlich der Ende Mai 2019 anstehenden Europawahl war am ersten Veranstaltungstag der MCB auch „Microtargeting und politische Werbung im Social Web“ ein Thema. Beim Stichwort Wahlmanipulation plädierte Simon Hegelich, Professor für Political Data Science an der TU München, für mehr Ruhe: „Die Medien sollten nicht auf jede Aufregung aufspringen!“ Im Panel mit Semjon Rens (Facebook Germany), Tabea Wilke (botswatch Technologies), Manon Metz (DIRK METZ Kommunikation), Anja Zimmer (mabb) und Daniel Fiene (Rheinische Post) ging es um die Frage, wie politische Werbung definiert werden muss, um klare Rahmenbedingungen für alle zu schaffen und faire und effektive Regulierung möglich zu machen. „Wir müssen gar nicht viel neu erfinden“, so Dreyer, „sondern unsere Werte aus der analogen Welt in die digitale übertragen.“ In diesem Sinne sprachen sich auch die Teilnehmer des Panels „#gehwählen – Europawahl 2019“, Edmund Stoiber (Bayerischer Ministerpräsident a.D./ ProSiebenSat.1 Media), Eko Fresh (Rapper & Schauspieler), Ann Cathrin Riedel (LOAD e.V.), Funda Vanroy (Moderatorin & Schauspielerin) und Moderator Cherno Jobatey mit Nachdruck dafür aus, zur Europawahl zu gehen.
„Während ich hier spreche, haben Google und Facebook Milliarden von Daten gesammelt und den alten Daten hinzugefügt. Und der Algorithmus arbeitet.“ Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt fand in seiner Keynote zum Thema „Big Tech im Check: Wettbewerb um Daten und Chancengleichheit im Netz“ klare Worte für die großen Plattformen und erläuterte die Facebook-Entscheidung des Kartellamts. Es sei höchste Zeit, so Mundt, sich dem Thema Datenverwertung anzunehmen und sich für mehr Chancengleichheit im Web einzusetzen.
Die thematische Ausrichtung der Bühne 6 gab das Eröffnungs-Panel „Point of no Return – Going All In with Digital“ vor, auf dem Holger Enßlin (Sky Deutschland) mit Manuel Uhlitzsch (PANTALEON Films, PANTAFLIX), Eun-Kyung Park (ProSiebenSat.1 Media) und Nadine Bilke von ZDFneo über Strategien für den Bereich TV diskutierten. (Zum Video „Neue Player am Streamingmarkt“) Über die aktuellen Verschiebungen auf dem internationalen Streaming-Markt sprachen in der Session „Game of VoDs: Neue Herausforderer für Netflix und Amazon?“ Nicole Agudo Berbel (ProSiebenSat.1), Tanja Hüther (ARD und BR), Florian Kerkau (Goldmedia), Eric Scherer (France Televisions) und Tobias Schiwek (Divimove). Welche Prioritäten Amazon Originals Deutschland im Hinblick auf attraktiven Content setzt, erläuterte Philip Pratt, Leiter Deutsche Originals im Talk „Auf der Jagd nach der Prime Position“. Zur Frage „Alle Sportarten, alle Ligen, alle Länder: Sport-Streaming vor dem Durchbruch?“ diskutierten Zeljko Karajica (7Sports), Dirc Seemann (SPORT1), Roman Steuer (Sky Deutschland) und Stephanie Struppler (Discovery Deutschland).
Am zweiten Veranstaltungstag wurden auf Stage 7 Maßnahmen erörtert, um Medienvielfalt – beispielsweise auch im ländlichen Raum – zu sichern. Das Medieninnovationszentrum Babelsberg (MIZ) startete in diesem Zusammenhang sein Förderprogramm „Medienutopie für Berlin und Brandenburg“. Dabei sollen Ideen entwickelt werden, wie eine innovative, digitale und chancengleiche Medienzukunft aussehen kann. In der Diskussion „Doing Utopia! Setting the stage for an innovative media future.“ erläuterten Frederik Fischer, Rebecca Ahlen, Tabea Grzeszyk, Jon Hill und Manouchehr Shamsrizi, wie sie das Thema mit ihren Projekten gestalten. Staatssekretär Hendrik Fischer (Ministerium für Wirtschaft und Energie des Landes Brandenburg) betonte in der Session „Ländlich, digital, sucht: Versorgung mit Infrastruktur und Medien im Lokalen.“, dass nur mit einer zeitgemäßen digitalen Infrastruktur die Chancen, die die Digitalisierung mit sich bringt, auch im ländlichen Raum voll genutzt werden können. In der Diskussion waren unterschiedliche Projekte, u.a. das Projekt „Smart Village“ der mabb Thema, die den Nutzer*innen lokale und regionale Nachrichten auf unterschiedliche Weise zugänglich machen. „Denn die Nachfrage nach lokalen Informationen im ländlichen Raum ist hoch. Dabei ist es wichtig, dass Lokaljournalismus stets unabhängig bleibt“, so Journalistin und Autorin Ursula Weidenfeld.
In der Session „What’s in a Game? Spiel-Engines als Motor für Film, XR und Industrie“ veranschaulichten Thomas Bedenk (Exozet Berlin), Andreas Suika (Epic Games) und Pascal Tonecker (CRYENGINE Enterprise Solutions), wie branchenübergreifend einsetzbar Games-Technologien sein kann. Um authentisches Storytelling für eine vielfältiger werdende Gesellschaft ging es in der Session „Der Stoff, aus dem die Träume sind: Diversität in Film und Fernsehen“. „Es muss mehr Zeit und Geld in die Entwicklung diverser Geschichten fließen“, so Skadi Loist (Filmuniversität Babelsberg), die gemeinsam mit Schauspieler Tyron Ricketts (Panthertainment), Emrah Ertem (Casting Director) und Martina Zöllner (rbb) diskutierte. In der Session „Fighting Disinformation Through Technology“ sprach Hazel Baker (Reuters) mit Sofia Diogo Mateus (DW News), Isa Sonnenfeld (Google News Lab DACH & Rolemodels) und Jenni Sargent (First Draft News) über „die Herausforderung, nicht nur Fake News herauszufiltern, sondern auch echte News, die aus dem Zusammenhang gerissen wurden, zu identifizieren.“
Wie Medienkompetenzförderung Einfluss auf Medienvielfaltsicherung haben kann, stand am dritten Tag der MCB auf dem Programm von Stage 7: „Das Tempo der digitalen Welt braucht angemessene politische und technische Antworten“, betonte Alexandra Borchardt (Reuters Institute) in ihrer Keynote zum Panel „The new abnormal. Hate, Fakes, Mobbing. Wie machen wir das Netz zu einem besseren Ort?“. Dazu gehören auch, so Borchardt, zeitgemäße Regulierungsmaßnahmen und eine Medienbildung, die alle Altersgruppen anspricht, um Wissensdefiziten entgegenzuwirken. Dies bestätigten Markus Heidmeier (Kooperative Berlin), Teresa Bücker (Edition F) und Marco Holtz (mabb) in der anschließenden Diskussion. Wer kompetent mit Medien umgehen kann, kann die Digitalisierung als Chance nutzen.
Die nächste MEDIA CONVENTION Berlin findet vom 6. bis 8. Mai 2020 statt.
Bildquellen
- Insgesamt 25.000 Besucher*innen an drei Tagen: obs/Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH/MCB / Uwe Voelkner