Mehr für nachhaltige Produkte zu bezahlen ist keine Frage des Geldbeutels mehr. Vor allem bei Lebensmitteln sind Konsumenten immer öfter bereit, tiefer in die Taschen zu greifen. In puncto Inhalt, Herkunft und Transparenz besteht jedoch weiter Unsicherheit – selbst gut gemeinte Gütesiegel bieten nicht immer die gewünschte Orientierung. Das geht aus einer aktuellen Studie der Managementberatung Horváth & Partners hervor, für die im April 300 Personen befragt wurden.

Die Studienergebnisse zeigen deutlich, welch hohen Stellenwert nachhaltig produzierte Konsumgüter mittlerweile in der Kaufentscheidung quer durch alle Verbraucherschichten haben. „Wir beobachten geradezu eine grüne Welle“, erläutert Studienautor Michael Buttkus, Horváth-Partner für Retail & Consumer Goods. „Die Corona-Pandemie hat zu einer spürbaren Dynamisierung und Veränderung des Kaufverhaltens geführt, auf die Hersteller mit entsprechenden Kapazitäten und Prioritäten reagieren müssen.“

Bio und Fair im Trend

Für Unternehmen der Konsumgüterbranche bedeutet dies, Nachhaltigkeit wird künftig schlicht zum „Hygienefaktor“ und damit essenziell für die ökologische Ausrichtung jedes Unternehmens, meint der Handelsexperte. Die bei vielen Anbietern bestehende Kluft zwischen unternehmenseigenen Sustainability-Ambitionen und der Realität sei vor dem Hintergrund steigender Konsumentenerwartungen und der klaren Verbraucheranalysen dringend zu schließen. Die Studienergebnisse verdeutlichen, dass es hier um nicht weniger als die Wettbewerbspositionierung der Zukunft gehen wird.

Studienergebnisse eindeutig

  1. Die Studie belegt, dass die Ausgaben für nachhaltige Produkte im Vergleich zur allgemeinen Ausgabenbereitschaft stabil geblieben sind.
  2. Nachhaltige Produkte werden inzwischen von allen Bevölkerungsschichten begrüßt und gefordert. Daher ist es wichtig, das Produktportfolio zu überarbeiten und den Marketing-Mix für diese Produkte auf breitere Käuferschichten auszurichten.
  3. Gerade jetzt in Corona-Zeiten sind Kunden besonders sensibilisiert für Regionalität, Fairness und Nachhaltigkeit. Umso wichtiger wird es in der Kundenansprache, die adäquate Tonalität und die richtigen Botschaften zu finden.
  4. Ein Dilemma birgt allerdings die starke Unübersichtlichkeit von Umwelt- und Gütesiegeln. Immer mehr solcher Zertifizierungen und Umweltzeichen führen zu immer weniger Orientierung und daher auch zu sinkendem Vertrauen.
  5. Und zuletzt: Nachhaltigkeit und Profitabilität schließen sich nicht aus. Im Gegenteil – nachhaltige Produkte werden vom Kunden mit einem Mehrwert assoziiert, der sich auch in erhöhter Zahlungsbereitschaft widerspiegelt.

Richtige Zeit zum Handeln

Konsumenten blicken mit „Argusaugen“ auf Hersteller und Produkte, sagt Buttkus. Abgedroschene Werbebotschaften oder stumpfe Wiederauflagen von älteren Promotions greifen zu kurz. Authentische Geschichten, die zur eigenen Marke passen und die aktuelle Lage widerspiegeln, sind wichtiger denn je. „So lässt sich gerade in Corona-Zeiten das eigene Profil schärfen und die Nachhaltigkeit glaubhaft in der eigenen Marke verankern“, erklärt Buttkus.

Buttkus appelliert an Konsumgüterhersteller, alternative und vor allem längerfristige Ansätze zu entwickeln, um mögliche Informationsdefizite beim Kunden abzubauen und das Vertrauen in Bio und Fair zu stärken. Aufklärungskampagnen, die clever mit den eigenen Produkten und Prozessen verzahnt sind, erhöhen nicht nur die Akzeptanz nachhaltiger Produkte im Markt, sondern erlauben Anbietern gleichzeitig die erfolgreiche Positionierung als „Marke des Vertrauens“.

Der Horváth-Experte sieht die Corona-Pandemie aber auch als Gelegenheit für Konsumgüterhersteller, Produkte und Prozesse einer systematischen Analyse in Hinblick auf neue Anforderungen zu unterziehen. „Jetzt geht es um mehr als Preisstrategien. Wir sehen die Notwendigkeit, die gesamte Unternehmung über alle Funktionen glaubhaft auszurichten, um die Produkte entsprechend zu positionieren. Und auch wenn es eine Diskrepanz zwischen Zahlungsbereitschaft und tatsächlichen Ausgaben im Alltag gibt, sind die ermittelten Preisaufschläge für Bio- und Fair-Produkte als starkes Signal in diese Richtung zu interpretieren.“

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